Auf den Spuren einer untergegangenen Stadt

Neuenburger Stadtrundgang

Neuenburg am Rhein ist eine junge und moderne Stadt mit großer Vergangenheit. Bereits um 1175 gründete der Zähringer Herzog Berthold IV. die Stadt am Rhein. Als Freie Reichsstadt erlebte
das mittelalterliche Neuenburg eine große Blüte und gewann politische Bedeutung von europäischer Tragweite. Fast 500 Jahre, von 1331 bis zum Übergang an Baden 1806, gehörte die Stadt,
mit nur wenigen Unterbrechungen zum Hause Habsburg. Der mittelalterliche Baubestand der Zähringergründung ging im Dreißigjährigen Krieg, im Holländischen Krieg und im Spanischen
Erbfolgekrieg zugrunde. Nahezu die gesamte Weststadt und das gotische Münster versanken im 16. Jahrhundert im Rhein. Nur eine Handvoll Häuser haben die abermalige Zerstörung der Stadt
im Zweiten Weltkrieg (1940) überlebt. Mit viel Tatkraft und einem starken Willen bauten die Bürger ihre Stadt immer wieder auf. Folgen Sie auf dem historischen Stadtrundgang den Spuren der
Neuenburger Stadtgeschichte. Der Rundgang hat 18 Stationen und ist mit Hinweistafeln gut ausgeschildert.

Übersicht der Standorte

Stationen des Rundweges

Station 1: Altes Schul- und Rathaus - Museum für Stadtgeschichte
Über der ehemaligen Stadtmauer und dem Stadtgraben 1828 als Schul- und Rathaus der Stadt Neuenburg am Rhein erbaut. Bauwerk des badischen Klassizismus. Eines der wenigen Gebäude Neuenburgs, die vor den Zweiten Weltkrieg zurückgehen. Seit 1988 Museum mit Sammlung zur Stadtgeschichte.
Öffnungszeiten: Sonntag von 10.00–12.00 Uhr und 14.00–16.00 Uhr


Station 1a: Historische Glocke von 1663
Seit über 350 Jahren begleitet die in Basel gegossene Glocke das Schicksal der Stadt. Die Skulptur mit der Glocke „Denkmal und Leuchtturm der Hoffnung“, wurde 2019 errichtet. Die Glocke läutet täglich um 16 Uhr zur Erinnerung an die völlige Zerstörung der Stadt im Jahr 1704 und an den Wiederaufbau nach einem 10 Jahre dauernden Exil der Bürger, 1714.


Station 2: Rathaus
Das heutige Rathaus wurde 1957/58 erbaut anstelle seines 1940 zerstörten Vorgängerbaus. Vor dem Eingang in Verbundenheit mit der Zähringerstädte Gemeinschaft Wappen der Zähringerstädte. Die 1633 in Basel gegossene Rathausglocke läutet täglich zur Erinnerung und zum Dank an die Vorfahren, die den Grundstein zur heutigen Stadt gelegt haben. 1991–1994 Erweiterungsbau. Unter ihm erhalten der Keller eines Bürgerhauses des 13. Jh. sowie die Grube einer Hafnerwerkstatt, die bis Anfang des 16. Jh. im Betrieb war.

 

Station 3: „Monument“-Brunnen auf dem Rathausplatz
Auf dem 1991 von Karl Bauer, Karlsruhe, gestalteten Rathausplatz wurde 1991 der Brunnen „Monument“ in Bronze von Lutz Brockhaus, Darmstadt errichtet. Über dem symbolisch wiedergegebenen Rhein erscheinen zwei Figuren, von denen die Vordere die durch die Geschichte geschundene Stadt Neuenburg am Rhein, die hinter ihr stehende Figur Gewalt und Zerstörung darstellen. Am Brunnen festgehalten sind wichtige Daten aus der Geschichte der Stadt Neuenburg am Rhein, wie die Gründung um 1175 durch Herzog Berthold IV von Zähringen, 1292 Freibrief durch König Adolf von Nassau, 1704 Zerstörung der Stadt im Spanischen Erbfolgekrieg, 1940/44 Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.


Station 4: Zähringer Straßenkreuz
Um 1175: Mittelpunkt des mittelalterlichen Neuenburg am Rhein. Mit einer Länge der Kreuzarme von 510 m stellt Neuenburg am Rhein eine der größten Anlagen von Zähringerstädten dar. Nach dem Aussterben der Zähringer 1218 wurde Neuenburg am Rhein durch die Staufer freie Reichsstadt, 1331 ein Bestandteil Vorderösterreichs.

13.–16. Jh.: größte Blütezeit der Stadt
1525: westlicher Teil der Stadtanlage vom Hochwasser des Rheins weggerissen
Von 1639 bis 1648 gehörte Neuenburg am Rhein zum Königreich Frankreich.
1675, 1704 und 1940/44: Zerstörung der Stadt, Wiederaufbau unter Beibehaltung des Zähringer Stadtgrundrisses.


Station 5: Basler Platz mit Basiliskenbrunnen
Da der Basilisk seit 1474 als Schildhalter des Basler Wappens dient, ist der Basiliskenbrunnen ein Symbol Basels
und stellt hier die besondere Verbundenheit Neuenburgs mit Basel im Laufe der Geschichte dar.
1272: Basel und Neuenburg am Rhein verbündet im Neuenburger Krieg
1527: der Basler Ratsherr und Gelehrte Bonifacius Amerbach heiratet Martha Fuchs, Tochter des Neuenburger Altbürgermeisters. Zu Gast war der Basler Stadtarzt Paracelsus.
1529: Neuenburg am Rhein Tagungsort des Basler Domkapitels. Das Haus „Basler Straße 3“ ist ein Beispiel des angefangenen Wiederaufbaus der Stadt nach 1940.


Station 6: Brunnen zur Erinnerung an Matthias von Neuenburg
Zum 700. Geburtstag des Matthias von Neuenburg 1995 ausgeführt von Bettina Eichin, Basel. Der Brunnen, ein Tintenfass aus schwarzem spanischen Marmor und eine Feder aus Bronze, erinnert an den Rechtsgelehrten und Reichschronisten Matthias von Neuenburg. Geboren um 1295 in Neuenburg am Rhein, studierte Matthias von Neuenburg in Bologna Jurisprudenz, stand 1327/28 in den Diensten der Bischöfe von Basel und Straßburg und schrieb als letzter Reichschronist die Reichschronik des römisch-deutschen Reiches für die Zeit von 1250–1350.
Am Brunnentrog in der Handschrift des Matthias von Neuenburg Namen verfolgter Zeitzeugen: Anne Frank, Erich Kästner, Franz Kafka, Kurt Tucholsky (gestiftet von der Sparkasse Markgräf-
lerland).

 

Station 7: Standort des zerstörten Liebfrauenmünsters
Das große gotische Münster wurde im 13. Jh. erbaut, 1295 erstmals erwähnt. Es war prachtvoll ausgestattet, sein Hochaltar den Heiligen Drei Königen geweiht. 1525 wurde das Münster bis auf den als Fragment stehengebliebenen Chor vom Hochwasser des Rheins weggerissen. 1527 nahm die Stadt Neuenburg am Rhein die Barfüßerkirche als Pfarrkirche an. 1704 im Spanischen Erbfolgekrieg wurde das noch stehende Chorfragment des Liebfrauenmünsters niedergelegt. 1739 ließ Stadtpfarrer Johann Jakob Christen hier eine von Joseph Dietsche in Tiengen angefertigte Sandsteinfigur des Hl. Johann Nepomuk, des viel verehrten Märtyrers des Beichtgeheimnisses und Patrons der Brücken und Wasserläufe, errichten. 1940 wurde die Figur beschädigt, 1968 restauriert, Original erhalten
im Museumskeller. Am alten Standort seit 1977 Kopie von Franz Aechtle.


Station 8: Alte Marktgasse - Marktraum der mittelalterlichen Stadt.
Seit ihrer Gründung um 1175 durch Herzog Berthold IV. von Zähringen war die Stadt mit Marktrechten ausgestattet. Durch die Erhebung zur Freien Reichstadt 1219 durch Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen und durch den Freibrief von König Adolf von Nassau wurde dies verstärkt. Hier befand sich die Gerichtslaube, die Marktlaube und nicht zuletzt das mittelalterliche Rathaus. Hier übergab 1292 König Adolf von Nassau der Stadt Neuenburg am Rhein den Freibrief, hier erneuerte 1563 Kaiser Ferdinand I. die Privilegien der Stadt. Nach Zerstörung im Holländischen Krieg 1675, im Spanischen Erbfolge Krieg 1704 und im Zweiten Weltkrieg erfolgte jeweils der Wiederaufbau der Marktstraße.


Station 9: Dekan-Martin-Straße
Konrad Martin (1795-1833), Stadtpfarrer von Neuenburg am Rhein, seit 1807 Dekan des Kapitels Neuenburg am Rhein, Wohltäter der Stadt Neuenburg am Rhein, konnte im „Bannstreit“ erreichen,
daß die Stadt entwendete Gemarkung zurückerhielt.

 

Station 10: Liebfrauenkirche
Das heutige Gotteshaus ist das sechste an dieser Stelle. Im 13.Jh. entstand hier die Klosterkirche der Barfüßer (Franziskaner). Seit 1527, nach der Zerstörung des Liebfrauenmünsters durch das Hochwassers des Rheines, als Pfarrkirche genutzt.
1675 im Holländischen Krieg mit Ausnahme des Chors zerstört. 1679 wurde am stehengebliebenen Chor ein Zelt errichtet, zur Benützung als Pfarrkirche.
1699 wurde eine Notkirche errichtet.
1704 im Spanischen Erbfolge Krieg völlig zerstört.
1725-27 erfolgt ein Neubau durch Baumeister Simon Hüttle.
1886-90 Neubau mit Ausnahme des Turms, der erhalten blieb und erhöht wurde.
1940 im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt und anschließend gesprengt.
1953 Wiederaufbau durch Architekt Gregor Schröder, Freiburg. An der Ostwand Mosaik, Himmelfahrt und Krönung Mariens von Hans Baumhauer, Freiburg.
22.11.1953: erster Gottesdienst.


Station 11: Steinkruzifix von 1527
Bedeutendes spätgotisches Steinkruzifix. Es überstand beschädigt die Zerstörung durch den Zweiten Weltkrieg und mahnt zum Frieden.


Station 12: Katholisches Pfarrhaus
An dieser Stelle entstand im 13. Jh. das Barfüßerkloster. 1415 nahm hier auf der Flucht vom Konzil zu Konstanz Papst Johannes XXIII. Quartier. Am 18.07.1639 starb hier Herzog Bernhard von Weimar.
1704: Im Spanischen Erbfolgekrieg Schleifung des Barfüßerklosters bis auf den Keller.
1737: Über dem erhaltenen Keller, Erbauung des heutigen Pfarrhauses, eines stattlichen Barockbaus.

 

Station 13: Gedenktafel für Stadtpfarrer Johann Jakob Christen d. J.

Geboren 1672 in Neuenburg am Rhein, studierte er Theologie in Freiburg. An Ostern 1696 wurde er im Dom zu Arlesheim vom Bischof von Basel zum Priester geweiht und war anschließend Kaplan und Pfarrer in seiner Vaterstadt. Bedeutender Wohltäter und kraftvoller Erneuerer des kirchlichen und städtischen Lebens.
1704: Spanischer Erbfolgekrieg. Stadtpfarrer Johann Jakob Christen d. J. zieht mit den Neuenburgern nach völliger Zerstörung der Stadt ins Exil nach Steinenstadt.
1714: Rückkehr mit den Bürgern von Neuenburg am Rhein in ihre Stadt. 1739 wurde er zum Dekan des Kapitels Neuenburg am Rhein gewählt. Er starb 1751 in Neuenburg am Rhein.

 

Station 14: Stadthaus
1281 wurde das Neuenburger Spital erstmals urkundlich erwähnt.
Im Mittelalter gab es in Neuenburg am Rhein das Heilig-Geist-Spital, das Aussätzigenspital (Leprosenhaus St. Georg) und das Pilgrimshaus (Elendsherberge).
1879 bis 1981 stand hier ein spätklassizistischer Spitalbau.
1981-85: Erbauung des Stadthauses mit Glockenspie

 

Station 15: Marktplatzbrunnen
Brunnen „Vergangenheit-Gegenwart-Zukunft“
1990 zum 50jährigen Gedenken an die Zerstörung Neuenburgs im Jahr 1940. Von der Stadt Neuenburg am Rhein erstellt durch die Bildhauerin Hanne Schorp-Pflumm, Stuttgart.
Vergangenheit: alter Mann (Eid des schwedischen General Horn im Dreißigjährigen Krieg, wonach in Neuenburg am Rhein kein Hund der Vernichtung entgehen wird).
Gegenwart: sitzender Vater mit zwei Kindern, lesend in Schillers „Sprüche des Konfutius“.
Zukunft: Kinder mit Taube.


Station 16: Weg zum Rhein und Altrhein
Um 1175: Die Stadt Neuenburg am Rhein von der Herzögen von Zähringen bewusst am Rhein angelegt, als Brückenkopf. Im Laufe der Geschichte war der Rhein die wichtigste Verkehrsstraße aber auch Quelle der Zerstörung durch häufiges Hochwasser. Besonders 1525, als der westliche Teil der der Stadt Neuenburg am Rhein samt dem größten Teil des Liebfrauenmünsters vom Hochwasser weggerissen wurde.
19. Jh.: Rheinkorrektur durch Johann Gottfried Tulla (1770-1828); die meisten der vielen Rheinarme trockengelegt und in fruchtbares Land verwandelt, die Hochwassergefahr wesentlich gemindert.
20. Jh.: Anlage des Rheinseitenkanals als europäischer Großschifffahrtsweg.
1987: Gestaltung des Wuhrlochs (Altrhein) als Park und Teichanlage durch deutsch- französisches Gemeinschaftswerk.


Station 17: Kreuzweg
1667: Kapuzinerpater Ignatius Eggs, der erkannt hatte, dass der Weg von der Stadt Neuenburg am Rhein zur Heiligkreuz-Kapelle gleich lang ist wie in Jerusalem der Leidensweg Christi vom Richthaus des Pilatus nach Golgotha, legte den Kreuzweg an durch Errichtung von sieben Holzkreuzen mit Bildern der Passion Christi.

1704: im Spanischen Erbfolgekrieg Zerstörung des Kreuzweges.
1720: Neuanlage des Kreuzweges.
1742 gelobten Stadtpfarrer Christen und die Neuenburger aus Dank für die Rückkehr in ihre Stadt 1714, alljährlich am 1. Sonntag im Mai eine Dankprozession zur Heiligkreuz- Kapelle zu unternehmen.
1746 und noch mal im 19. Jh. wurden die Holzkreuze durch steinerne Stationen ersetzt. Im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört.
1986: Neuerrichtung des Kreuzweges auf Initiative von Winfried Studer durch Spenden der Bürger.
1987: Weihe des Kreuzweges


Station 18: Heiligkreuz-Kapelle
Ziel einer früher bedeutenden Wallfahrt zum Gnadenbild des Heiligen Kreuzes, einem Steinkreuz des 13. Jh. das auf wunderbare Weise vom Rhein angeschwemmt wurde.

1409: Die Heiligkreuz-Kapelle erstmals erwähnt im Feld zwischen Neuenburg am Rhein und dem Kloster Gutnau. Nach Beschädigung im Dreißigjährigen Krieg 1660–65 neu erbaut und 1666 geweiht.
1667: die Wallfahrt zum Heiligen Kreuz wurde betreut durch Kapuzinerpatres und unterstützt durch die von Papst Clemens IX. bestätigte Heilig-Kreuz-Bruderschaft.
1704: Spanischer Erbfolgekrieg: Zerstörung der Kapelle bis auf Fundamente und steinernen Altarunterbau. Auf Resten des Altars durch Pfarrer Christen Aufstellung der gotischen Steinfiguren der drei Jungfrauen vom Heiligen Grab im ehemaligen Liebfrauenmünster.
1714–16: Neubau der Heiligkreuz-Kapelle. Im zweiten Weltkrieg zerstört.
1961–64: Wiederaufbau der Kapelle unter großem Einsatz der Bevölkerung.